Erbe ausschlagen | Kosten & Gründe | Ratgeber und Tipps 2025
Erbausschlagung kurz zusammengefasst
- Wenn jemand erbt, übernimmt er nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden des Verstorbenen. Dies ist ein grundlegender Aspekt des Erbrechts.
- Erben haben jedoch das Recht, eine Erbschaft abzulehnen. Sie können dies tun, indem sie das Erbe innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausschlagen. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Erbe von der Erbschaft Kenntnis erlangt.
- Die Erbausschlagung ist kostenpflichtig.
- Die Ausschlagung der Erbschaft bedeutet nicht automatisch, dass die Angehörigen von der Übernahme der Beerdigungskosten befreit sind.
- In vielen Fällen können Angehörige, auch wenn sie das Erbe ausgeschlagen haben, rechtlich für die Beerdigungskosten des Verstorbenen verantwortlich sein, abhängig von den Bestimmungen des jeweiligen Landesrechts.
Erbausschlagung: Worauf sollte man achten?
Jährlich werden in Deutschland fast 400 Milliarden Euro vererbt, wobei manche Erbschaften als finanzieller Segen erscheinen. So hinterließ kürzlich ein deutscher Ingenieur 14 Millionen Euro einer politischen Partei. Nicht alle Erbschaften sind jedoch finanziell vorteilhaft; einige bringen eher Schulden mit sich. In solchen Fällen ist es oft klüger, die Erbschaft abzulehnen. Aber wie funktioniert das, und worauf sollte man achten?

Was ist eine Erbausschlagung?
Die Erbausschlagung ist eine formelle Erklärung, ein Erbe und alle damit einhergehenden Rechte und Pflichten abzulehnen. Gemäß § 1944 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Deutschland, haben Erben eine Frist von 6 Wochen, um sich zu entscheiden, ob sie ein Erbe annehmen oder ausschlagen.
Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem sie von der Erbschaft Kenntnis erlangen. Wird innerhalb dieser 6 Wochen keine Ausschlagung erklärt, gilt das Erbe automatisch als angenommen.
Was kostet die Erbausschlagung?
Die Kosten für die Ausschlagung eines Erbes variieren je nach Höhe des Erbes. Bei einem Erbe im Wert von etwa 10.000 Euro belaufen sich die Kosten auf circa 38,-Euro. Bei einem Erbe von 100.000 Euro liegen die Gebühren bei ungefähr 136,50 Euro. Sollte der Nachlass überschuldet sein, wird eine Pauschalgebühr von 30 Euro erhoben. Diese Gebühren decken in der Regel die Kosten für die notarielle Beurkundung und die Einreichung der Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht.
Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen sich dafür entscheiden könnten, ein Erbe auszuschlagen
- Überschuldeter Erblasser: Wenn das Erbe hauptsächlich aus Schulden besteht, kann es sinnvoller sein, es abzulehnen. In Deutschland müssen Erben die Schulden des Erblassers innerhalb von drei Monaten begleichen, notfalls aus dem eigenen Vermögen.
- Renovierungsbedürftige Immobilien: Ein geerbtes Haus, das alt und renovierungsbedürftig ist, kann eine finanzielle Belastung darstellen. Die Kosten für eine Renovierung können so hoch sein, dass sie den Wert des Erbes negativ beeinflussen.
- Schulden beim Erben: Wenn der Erbe selbst hohe Schulden hat, würde der Nachlass direkt an die Gläubiger gehen. Durch Ausschlagen des Erbes kann dies vermieden werden.
- Privatinsolvenz des Erben: Während der Wohlverhaltensphase einer Privatinsolvenz würde die Hälfte des Erbes an den Insolvenzverwalter gehen. Auch in diesem Fall kann das Ausschlagen des Erbes sinnvoll sein, um diese Regelung zu umgehen.
Welche Folgen und Konsequenzen hat die Erbausschlagung?
Die Erbausschlagung hat spezifische Folgen und birgt gewisse Risiken:
- Ganz oder gar nicht: Ein Erbe kann nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden. Es ist nicht möglich, einzelne Teile des Nachlasses, wie z.B. ein sanierungsbedürftiges Anwesen, auszuschlagen und gleichzeitig andere Teile, wie einen Lottogewinn, anzunehmen. Auch der gesetzlich zustehende Pflichtteil entfällt bei einer Erbausschlagung.
- Übergang des Erbes an den Staat: Wenn alle Erben das Erbe ausschlagen, fällt es dem Staat zu. Der Staat verwertet dann das Erbe und versucht, die Schulden zu tilgen. Er haftet jedoch nicht für verbleibende Schulden, was dazu führen kann, dass Gläubiger ihre Forderungen nicht vollständig erfüllt bekommen.
- Fristen: Die Ausschlagung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnisnahme des Erbes erfolgen. Diese Frist verlängert sich auf sechs Monate, wenn der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder wenn sich der Erbe zu Beginn der Frist im Ausland aufhielt.
- Unwiderruflichkeit und Ausnahmen: Eine einmal angenommene Erbschaft oder das Verstreichen der Ausschlagungsfrist führt normalerweise zur endgültigen Annahme des Erbes. Ausnahmen bestehen, wenn nachträglich Informationen auftauchen, die das Erbe wesentlich beeinträchtigen, wie unbekannte Schulden. Eine Anfechtung ist in solchen Fällen möglich, erfordert jedoch juristische Unterstützung.
- Steuerliche Pflichten: Als Erbe sind Sie für die letzte Steuererklärung des Verstorbenen verantwortlich. Es ist wichtig, sich über die entsprechenden Pflichten und Ausnahmen zu informieren.
Diese Aspekte zeigen, dass die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, sorgfältig überlegt und gegebenenfalls mit juristischem Beistand getroffen werden sollte.
Wie muss man für eine Erbausschlagung vorgehen?
Der Prozess einer Erbausschlagung in Deutschland verläuft wie folgt:
- Zuständiges Nachlassgericht: Die Ausschlagung erfolgt in der Regel beim Nachlassgericht, also dem Amtsgericht des Bezirks, in dem der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Es ist auch möglich, das Gericht im Wohnbezirk des Erben aufzusuchen, gemäß § 344 Abs. 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
- Form der Ausschlagung: Die Erbausschlagung muss entweder zur Niederschrift des Gerichts erklärt oder in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden. Ein einfacher Brief genügt hierfür nicht.
- Persönlicher Gerichtsbesuch: Man kann persönlich beim Nachlassgericht erscheinen, wo die Ausschlagung schriftlich festgehalten und gemäß § 1945 BGB unterschrieben wird.
- Notarielle Beglaubigung: Alternativ kann man die Ausschlagungserklärung schriftlich verfassen und die Unterschrift durch einen Notar öffentlich beglaubigen lassen. Dafür ist ein Termin beim Notar erforderlich.
- Angabe der Gründe: Es ist empfehlenswert, in der Ausschlagungserklärung die Gründe für die Ausschlagung anzuführen. Bei Unsicherheiten kann ein Notar unterstützen.
- Sonderfall Minderjährige Erben: Wenn der Erbe minderjährig ist, müssen die Eltern die Ausschlagung vornehmen. Hierfür ist eine Genehmigung des Familiengerichts notwendig. Die Bearbeitungszeit für diese Genehmigung wird nicht in die sechswöchige Frist eingerechnet.
Diese Schritte sollten sorgfältig und innerhalb der gesetzlichen Fristen durchgeführt werden, um rechtliche Komplikationen zu vermeiden.
Kosten einer Erbausschlagung
Bei Überschuldung des Erbes belaufen sich die Kosten einer Ausschlagung auf 30 Euro, wie § 103 Abs. 1 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) festlegt. Für die Ausschlagung eines nicht überschuldeten Erbes variieren die Kosten gemäß dem GNotKG und steigen tendenziell mit dem Wert des Erbes. Bei Annahme des Erbes ist zusätzlich mit Erbschaftssteuer zu rechnen.
Sinnhaftigkeit der Erbausschlagung
In manchen familiären Konstellationen, insbesondere bei hohem Vermögen, kann es steuerlich günstiger sein, wenn der Ehepartner zugunsten der Kinder auf das Erbe verzichtet. Dies ermöglicht den Kindern, den steuerlichen Freibetrag optimal zu nutzen, besonders relevant bei Berliner Testamenten, wenn die Freibeträge sonst überschritten würden.
Erstellung eines Nachlassverzeichnisses
Vor der Entscheidung über eine Erbausschlagung ist es ratsam, einen genauen Überblick über den Nachlass zu gewinnen. Dies beinhaltet die Durchsicht von Kontoauszügen und anderen Dokumenten zur Erstellung einer Vermögensübersicht.
Zum Erbe zählen Bankguthaben, Wertpapiere, Wertgegenstände, Immobilien sowie Verbindlichkeiten wie Bestattungskosten, Kredite und Pflichtteilsansprüche. Zusätzlich können Kosten für die Testamentseröffnung oder Nachlassverwaltung anfallen.
Ein ausführliches Muster für ein Nachlassverzeichnis ist beispielsweise vom Oberlandesgericht Dresden erhältlich, das als beschreibbares PDF-Dokument kostenfrei genutzt werden kann.
Auskunftsrecht und Prozess der Erbausschlagung
- Auskunftsrecht über Kontoverhältnisse: Als Erbe haben Sie das Recht, Auskunft über die Konten des Verstorbenen zu erhalten. Banken verlangen dafür üblicherweise die Sterbeurkunde oder einen Erbschein. Jedoch kann die Anforderung eines Erbscheins problematisch sein, da mit dessen Beantragung das Erbe faktisch angenommen wird und nicht mehr ausgeschlagen werden kann.
- Urteil des Bundesgerichtshofs: Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 8. Oktober 2013, Az. XI ZR 401/12), dass Banken nicht immer einen Erbschein verlangen dürfen. Es genügt, wenn der Erbe seine Stellung durch ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll nachweist. Ist man bereits zu Lebzeiten des Erblassers mit einer Kontovollmacht oder Vorsorgevollmacht ausgestattet, die über den Tod hinaus gilt, kann man die Kontostände ohne Erbschein einsehen.
- Ausschlagung nur im Ganzen: Die Erbausschlagung muss das gesamte Erbe umfassen. Es ist nicht möglich, nur Teile des Erbes, wie ein Wertpapierdepot, anzunehmen und andere, wie ein sanierungsbedürftiges Haus, abzulehnen.
- Konsequenzen der Ausschlagung: Wer die Erbschaft ausschlägt, erhält nichts davon, auch keinen gesetzlich zustehenden Pflichtteil im Falle einer Enterbung.
- Minderjährige Erben: Wenn der Erbe minderjährig ist, können nur seine gesetzlichen Vertreter, in der Regel die Eltern, das Erbe ausschlagen. Dies erfordert zusätzlich die Genehmigung des Familiengerichts. Die Bearbeitungszeit für diese Genehmigung wird nicht in die Sechs-Wochen-Frist zur Ausschlagung eingerechnet.
Diese Informationen verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Rechte und Verfahren rund um eine Erbausschlagung zu kennen und sorgfältig zu navigieren, insbesondere bei der Einholung von Informationen und bei Entscheidungen, die minderjährige Erben betreffen.
Wer muss bei einer Erbausschlagung die Bestattungskosten bezahlen?
Bei einer Erbausschlagung sind die Bestattungskosten ein wichtiger Aspekt:
- Erbausschlagung und Bestattungskosten: Wenn eine erbberechtigte Person die Erbschaft ausschlägt, fallen die Kosten für die Beerdigung auf die anderen Erben, sofern diese das Erbe annehmen.
- Erbschaft geht an den Staat: Schlagen alle Erbberechtigten das Erbe aus, fällt die Erbschaft dem Staat zu. In diesem Fall ist der Staat jedoch nicht automatisch für die Übernahme der Bestattungskosten verantwortlich.
- Gemeinde und Beerdigungskosten: Die Gemeinde kann die Beerdigungskosten aus der Erbschaft begleichen. Falls die Erbschaft nicht ausreicht, hat der Staat das Recht, die Beerdigungskosten den potenziellen Erben in Rechnung zu stellen, auch wenn diese das Erbe ausgeschlagen haben.
- Zahlungspflicht bei fehlenden Erben: Wenn keine Erben vorhanden sind oder alle das Erbe ausgeschlagen haben, bestimmen die Bestattungsgesetze der jeweiligen Bundesländer, wer für die Beerdigungskosten aufzukommen hat. Üblicherweise sind dies in einer festgelegten Reihenfolge Ehepartner, Kinder, Eltern oder Geschwister des Verstorbenen.
- Zahlungspflicht trotz gestörter Familienverhältnisse: Diese Zahlungspflicht gilt auch bei gestörten Familienverhältnissen oder wenn die Angehörigen die Erbschaft ausgeschlagen haben.
Diese Regelungen zeigen, dass die Ausschlagung einer Erbschaft nicht zwangsläufig von der Verpflichtung zur Übernahme der Bestattungskosten befreit, insbesondere wenn keine anderen Erben vorhanden sind oder diese ebenfalls das Erbe ausschlagen.
Alternativen zur Ausschlagung eines Erbes
- Nachlassverwaltung:
- Antrag beim Gericht: Wenn unklar ist, wie sich Vermögen und Schulden des Nachlasses zusammensetzen, kann eine Nachlassverwaltung beim Gericht beantragt werden.
- Ernennung eines Verwalters: Das Gericht bestellt einen Verwalter, der den Nachlass ordnet und die Schulden mit dem vorhandenen Vermögen begleicht.
- Finanzielle Sicherheit und Erbanteil: Dieses Verfahren schützt den Erben davor, mit dem privaten Vermögen für die Schulden des Verstorbenen aufkommen zu müssen, gemäß § 1975 BGB. Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit, einen Teil des Erbes zu erhalten.
- Nachlassinsolvenzverfahren:
- Anwendung: Dieses Verfahren kommt in Betracht, wenn die Erbschaft bereits angenommen wurde, sich aber nachträglich als überschuldet herausstellt.
- Antragstellung: Der Erbe kann bei Gericht ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, entsprechend § 1980 BGB, um sich vor den Schulden zu schützen.
- Kosten und Ablauf: Obwohl das Verfahren Gerichtskosten verursacht und aufwendig ist, entbindet es den Erben von der Haftung für die Schulden des Verstorbenen.
Diese Optionen ermöglichen es, das Erbe unter bestimmten Umständen anzunehmen, ohne die volle Verantwortung für die Schulden des Verstorbenen zu übernehmen. Sie bieten somit eine gewisse finanzielle Sicherheit, insbesondere wenn unklar ist, wie die Vermögenslage des Erblassers tatsächlich aussieht.
Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?
Bei geringwertigem oder überschuldetem Nachlass und der Abwägung der Handlungsmöglichkeiten gibt es folgende Aspekte zu beachten:
- Geringwertiger Nachlass und Verfahrenskosten:
- Verfahrensgebühren: Sowohl für die Nachlassverwaltung als auch für das Nachlassinsolvenzverfahren fallen Gebühren an.
- Unzureichendes Erbe: Wenn das Erbe nicht ausreicht, um diese Kosten zu decken, kann man sich gegen die Forderungen der Gläubiger wehren.
- Gerichtlicher Antrag: Ein Antrag auf Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz kann bei Gericht gestellt werden. Wird dieser wegen unzureichenden Vermögens abgelehnt (nach § 1982 BGB und § 26 InsO), dient der Gerichtsbeschluss als Nachweis gegenüber Gläubigern.
- Schonfrist von drei Monaten:
- Gesetzliche Regelung: Nach § 2014 BGB haben Erben eine Schonfrist von drei Monaten nach Annahme der Erbschaft, während der sie nicht unmittelbar für die Schulden aufkommen müssen.
- Begrenzter Aufschub: Diese Regelung bietet nur einen zeitlich begrenzten Aufschub für die Begleichung der Schulden.
- Sorgfältige Überlegung vor der Ausschlagung:
- Abwägung der Optionen: Bevor man eine Erbschaft voreilig ausschlägt, sollten alle Optionen sorgfältig geprüft werden.
- Einholung juristischen Rats: Insbesondere bei größeren oder komplexen Nachlässen ist es ratsam, juristischen Rat einzuholen, um eine informierte Entscheidung zu treffen.
Diese Überlegungen sind wichtig, um eine fundierte Entscheidung hinsichtlich der Annahme oder Ausschlagung eines Erbes zu treffen, insbesondere wenn die Kosten und der Aufwand der verschiedenen Verfahren die möglichen Erträge aus dem Nachlass übersteigen könnten.
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